12 menschen werden für das, was sie veröffentlichen, regelrecht hingerichtet. von menschen, die sich (oder vielmehr: ihren glauben) durch das veröffentlichte angegriffen fühlen.
und auf einmal sind alle „charlie“. gehen auf die straße. sind betroffen.
versteht mich nicht falsch: der tod dieser 12 menschen macht mich ebenfalls betroffen. aber ich bin nicht charlie.
warum nicht?
ich frage mich so langsam, wofür ich noch alles auf die strasse gehen soll, um meine betroffenheit, mein dafür- oder vielmehr: dagegen-sein, meine wut, meine angst und meine verbundenheit zu demonstrieren.
sicher nicht für etwas abstraktes wie ein magazin, dessen inhalte ich allein schon der sprache wegen nicht verstehe. dessen karikaturen mich bestenfalls nicht ansprechen, mich schlimmstenfalls angewidert wegsehen lassen.
ich habe kein verständnis für islamisten*, denen jeglicher humor abgeht. [* bitte hier jegliche denomination oder denkschule einsetzen, die diesbezüglich gerade „en vogue“ ist.]
ich habe aber umso mehr mitgefühl mit jenen, die in ihrem heimatland kritisch mit ihrer eigenen religion umgehen. ich trauere um die vielen autoren, blogger, journalisten, publizisten, die ihrer veröffentlichten meinung wegen ihr leben lassen – und von denen wir hier gar nichts mitbekommen. und für die hier keiner auf die straße gehen würde. menschen, die nicht einmal annähernd die grenzen des humors und der respektlosigkeit ausloten, die „charlie“ wohl gewohnheitsmäßig nicht nur auslotet sondern überschreitet.
ich mag falsch liegen, aber mit eurer zur schau gestellter empörung erreicht man nichts. außer vielleicht, jenen in die hände zu spielen, die euch zu lemmingen für ihre zwecke machen wollen. weil es schick ist, für dies und jenes und alles andere auch auf die straße zu gehen: seht ihr vor lauter bewegter masse noch den einzelnen? oder verlasst ihr euch auf die „schwarmintelligenz“? wie viele von euch füllen die propagierten worte auch mit taten? wer trägt denn das helle licht in das dunkel eines einzelnen hinein?
sehen euch eure familien zuhause noch? eure kinder, die mit den extremen des „dafür“ und „dagegen“ wohl eher auf der straße aufwachsen und später selber kein mittelmaß mehr finden?
gestern no-pegida, heute charlie, morgen ???
veränderung beginnt in jedem einzelnen von uns, in der kleinsten sozialen einheit. verändern wir uns, verändern wir auch die gesellschaft. durch fronten dagegen wurde noch kein verhärtetes herz aufgeweicht. wir müssen eben nicht alle zusammenstehen, alle auf der straße stehen, egal was uns trennen mag, weil „wir alle charlie sind“. wenn wir nur noch in der masse stark sind, nur noch kollektiv und oft genug unreflektiert „unsere“ meinung äußern, dann halte ich unsere gesellschaft für verloren (was ich übrigens schon seit geraumer zeit tue, aber das ist hier nicht thema).
ich war gestern nicht no-pegida. und ich bin heute nicht charlie. ich bin ich. sandkorn im getriebe.
(p.s.: übrigens: wenn ich jemanden durch ein stilmittel (ob das nun satire ist oder nicht) nicht erreichen kann, sondern die tür nur umso fester zuschlage, den sollte ich vielleicht mittels eines anderen stilmittels zu erreichen versuchen. wenn ich denn wirklich daran interessiert bin, mein gegenüber zu erreichen… für mich auch eine frage des respekts vor dem anderen.)
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